Von der Idee mit den monatlichen Rückblicken bin ich momentan nicht mehr so wirklich überzeugt. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, die sich aber in zwei Kategorien einteilen lassen: 1. Die Fragen sind nicht besonders gut gewählt. Teilweise sind sie nicht besonders zielführend und führen letztendlich dazu, dass ich zu mehreren Fragen fast identische Antworten geben könnte. Den Fragen fehlt es an Diversität. 2. Ich habe nicht jeden Monat so sonderlich viel zu erzählen, was mir im April sehr deutlich geworden ist. Das war auch der Grund, warum ich den Rückblick vom April habe ausfallen lassen.
Ein weiterer Punkt ist, dass sich viele Fragen eher auf meine Arbeit beziehen und ich mir diesbezüglich gar nicht so sicher bin, wie viel ich davon ausplaudern kann und will. Ich bin aber auch nicht in der Lage, die Themen so weit zu abstrahieren, dass sie sich nicht mehr auf bestimmte Menschen oder Situationen zurückführen lassen. Ich will ja nicht, dass irgendwer irgendwas falsch versteht. Das Potenzial besteht ja immer, denn jeder hat seine eigene Sicht auf die Dinge. Wir kennen alle die vier Seiten eine Nachricht …
Nächstes Problem: Ich kann mich am Ende des Monats nicht auf Teufel komm raus, an jede einzelne Situation erinnern, die gut oder schlecht war oder mich zum Grübeln gemacht hat. Vor etwa 1-2 Wochen hatte ich noch ein tolles Gefühl und war motiviert darüber in meinem Rückblick zu schreiben und habe heute beim besten Willen keinen Plan, woran ich da gedacht hatte. Knaller. Ein Tagebuch oder eine Liste zu führen, wie bei vielen Achtsamkeitstipps beschrieben, ist einfach nicht mein Stil. Es passt nicht in meine Routine. Ich hatte auch schon überlegt, einfach wöchentlich an dem Rückblick zu schreiben. Es blieb aber bisher nur eine Überlegung.
1. Wie zufrieden bist du?
Diese Frage ist eine der schwierigsten und trotzdem finde ich, gehört sie einfach immer dazu. Würde ich die Frage heute beantworten, wäre die Antwort eher ein: mäßig. Denn die letzte Woche war eher so lala und erinnert mich zum Beispiel daran, dass heute der 02. Juni ist und ich die Steuer bisher nicht gemacht habe, obwohl ich seit Wochen alles dafür da habe.
Dagegen könnte man halten, dass das ja ein Monatsrückblick ist und diese Frage nicht in einer Momentaufnahme beantwortet werden sollte. Recht so. Mit Blick über den vergangenen Monat (die vergangenen zwei Monate) muss ich sagen, dass ich sehr zufrieden bin. Um zu erklären warum, schließt sich gleich die nächste Frage an.
2. Worauf bist du diesen Monat besonders stolz?
Dafür muss ich etwas weiter ausholen: Mein Job der letzten Jahre lässt sich – unabhängig von den jeweiligen Jobtiteln – als redaktionelle und inhaltliche Leitung beschreiben. Dabei habe ich bereits mit unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Teams und Teamzusammensetzungen gearbeitet. Doch erst jetzt muss ich sagen, fühlt es sich als Gesamtpaket richtig an und ich fühle wohl.
Es gibt unterschiedliche Arten und Weisen, diesen Job auszufüllen. Bisher war es für mich immer ein Prozess herauszufinden, wie ich ein Projekt mit dem jeweiligen Team umsetzen kann. Am Ende hatte ich immer, was ich brauchte, und die Kampagnen liefen. Was aber auf der Stecke blieb, war die Transferleistung auf das Team. Meine eigentliche Arbeit war für das Team praktisch unsichtbar. Irgendwie lief alles, aber wie und warum, das war wohl niemandem so wirklich klar. Besonders deutlich wurde das, wenn ich krank wurde oder Urlaub bevor stand. Kein idealer Zustand also.
Mittlerweile sehe ich mich selbst eher als Begleiter im Arbeits- und Lernprozess meines Teams. Das führt dazu, dass manche Aufgaben zwei-, dreimal wiederholt oder überarbeitet werden müssen bis sie sitzen. Nicht alles muss beim ersten Wurf perfekt sein und es sollte immer die Möglichkeit geben, sich zu verbessern. Manchmal muss ich an einem Punkt Halt machen, es selbst umsetzen und mir für das nächste Mal eine neue Herangehensweise überlegen. Denn jeder Mensch lernt anders. Es hilft nicht, Druck aufzubauen und negative Erlebnisse zu erzeugen. Das demotiviert. Und manchmal lasse ich anhand von Beispielaufgaben üben, bevor richtig losgearbeitet wird. Das gibt Sicherheit und Klarheit auf die Anforderungen einer Aufgabe.
So aufgeschrieben, klingt das alles bestimmt ganz logisch. Aber dessen muss man sich auch erstmal bewusst werden. Es macht mich stolz zu sehen, dass es gerade so gut läuft und vorangeht.
3. Welche Konzerte hast du besucht?
L’aupaire: ganz viel Energie und gute Laune. Live eine echte Empfehlung. Die Alben höre ich fast gar nicht, aber es war bereits mein zweites Konzert.
Nick Mulvey: klasse Sänger, wunderbar klare Stimme! Hat mir (leider) vor Augen geführt, wie viele Sänger einfach nicht (gut) singen können.
FIL BO RIVA: hab ich mich alt gefühlt! Das durchschnittliche Alter kann nicht höher als 22 gewesen sein. Das Konzert hat aber trotzdem Spaß gemacht.
4. Welches Buch hast du gelesen?
Margarete Stokowskis „Die letzten Tage des Patriarchats“ liest sich gut runter. Leider haben manche der Kolumnen nicht an Aktualität verloren, trotzdem sie bereits einige Jahre alt waren. Ein netter Bonus sind zusätzliche Geschichten zu den Kolumnen oder Leserantworten, die von ihr pointiert kommentiert werden.
5. Was hast du dir im letzten Monat in Potsdam angesehen?
Letzte Woche war ich mit meiner Mutter wieder im Barberini und habe mir die Picasso Ausstellung angesehen. Sie zeigt das Spätwerk Picassos und damit nochmal eine ganz neue Seite des spanischen Künstlers. Wer also noch bis zum 16. Juni die Chance hat, nach Potsdam zu kommen, sollte sich das nicht entgehen lassen.
Außerdem habe ich mir an Christi Himmelfahrt das Schloss Babelsberg angesehen. Das Schloss hatte mich mit seinen großen Fenstern schon länger beeindruckt. An ausgewählten Sonn- und Feiertagen kann man das Schloss mit einer Führung des Kastellan besichtigen, der die bewegte Geschichte des Schlosses erzählt.
6. Was hast du dir gegönnt?
Am Samstag habe ich mir ein Eis gegönnt, nachdem ich fast 4 Wochen “durchgearbeitet” habe. Wenn man Vollzeit arbeitet und seine Wochenenden mit Ehrenamt verbringt, darf man sich auch mal was gönnen.
7. Welche Artikel hast du gelesen, die dich besonders bewegt oder zum nachdenken gebracht haben?
Ein Text, der mich in den letzten Wochen sehr zum Grübeln gebracht hat, ist der New York Times Text „What ‘Good’ Dady Get Away With“ von Darcy Lockman. Darin beschreibt sie, welche „Ausredemechanismen“ bei Männern greifen, wenn es um Haus- und Care-Arbeit geht. Natürlich gibt es Männer, die gerne ihren Teil übernehmen möchten und Frauen, die lieber die Hoheit über bestimmte Aufgaben behalten wollen. Dieser Text hält aber den Finger in die Wunde, wo Frauen genervt sind von ihren Männern, die Männer zwar sowohl die Unzufriedenheit als auch die Unausgeglichenheit sehen, aber es sich trotzdem zurecht schieben können, dass sie trotzdem nichts machen müssen.
Das alles kam mir selbst sehr bekannt vor — nicht im Privaten, sondern im Büroalltag. Da wo die Männer zwar akzeptieren, dass es einen wechselnden Küchendienst gibt, und sie mal den Müll runterbringen müssen. Aber wenn es darum geht, die Kaffeemaschine sauber zu machen, habe ich schon die schönsten Ausreden gehört. Die naheliegendste: Ich benutze die Kaffeemaschine nicht. Eine Ausrede, die ich bisher von noch keiner der Frauen in unserem Büro gehört habe. Die machen nämlich einfach die Kaffeemaschine sauber, weil es eben zum Küchendienst dazugehört.